Die Verordnung 1169/2011 sieht vor, dass das „Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels immer dann angegeben werden sollten, wenn ohne diese Angabe die Verbraucher über das eigentliche Ursprungsland oder den eigentlichen Herkunftsort dieses Erzeugnisses irregeführt werden könnten.“ (Präambel 29)
Der „Herkunftsort“ ist, laut Verordnung 1169/2011, jener „Ort, aus dem ein Lebensmittel laut Angabe kommt und der nicht sein Ursprungsland ist“. Es ist also jene Herkunftsangabe, die sich auf eine kleinere Einheit als das Ursprungsland (Stadt, Region, Provinz usw.) bezieht.
Als Ursprung gilt jenes Land in welchem das Produkt vollkommen gewonnen oder hergestellt worden ist. Eine Ware, an deren Herstellung zwei oder mehrere Länder beteiligt waren, ist Ursprungsware des Landes, in dem sie der letzten wesentlichen und wirtschaftlich gerechtfertigten Be- oder Verarbeitung unterzogen worden ist (Verordnung EW 2913/1992). Das bedeutet, dass es nicht allein auf den Ursprung der Rohware ankommt. Vielmehr kann sich das Ursprungsland eines verarbeiteten Lebensmittels im Laufe der Herstellung ändern.
Der Name, die Firma oder die Anschrift des Lebensmittelunternehmens auf dem Etikett gilt weder als Herkunfts- noch als Ursprungsangabe. (Art. 2, 1169/2011). Dasselbe gilt für das gemäß Verordnung (EG) Nr. 853/2004 vorgesehene Identitätskennzeichen.
Verschiedene EU-Verordnungen sehen die Angabe des Ursprungs bei folgenden Produkten bereits heute vor und bleiben aufrecht:
• Rindfleisch (Verordnung (EU) 1760/2000 und Durchführungsverordnung 1825/2000)
• Schweine-, Ziegen, Geflügel und Schaffleisch (Durchführungsverordnung (EU) Nr. 1337/2013 mit Bestimmungen zur Verordnung (EU) Nr. 1169/2011)
• Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur (Verordnung (EU) Nr. 1379/2013)
• Honig (Richtlinie EU 2001/110/EU abgeändert durch Richtlinie 2014/63/EU und Art. 17 des Gesetzes Nr. 114/2015)
• Eier
• Obst und Gemüse (Verordnung (EU) Nr. 1308/2013, Art. 76)
• Wein (Verordnung Nr. 589/2008)
• Olivenöl (Verordnung (EU) Nr. 29/2012, Art. 4 und Gesetz Nr. 9/2013)
Auch nationale Gesetzesdekrete legen die Pflicht zur Angabe des Ursprungslandes fest. Das „Ministero delle Politiche Agricole“ beschränkte ihre Anwendbarkeit mit MD vom 7.5.2018 bis zum 31.3.2020.
Ab 1. April 2020 wird hingegen die Verordnung 775/2018 angewandt und folgende Dekrete verlieren ihre Wirksamkeit:
• MD 9.12.2016 für Milch und Milchprodukte
• MD 26.7.2017 für Reis
• MD 26.7.2017 für Hartweizen und Hartweizennudel
• MD 16.11.2017 für Tomaten
Wenn es um eine Auslegung der Durchführungsverordnung 775/2018 geht sollte vorausgeschickt werden, dass die EU bereits diesbezügliche Anwendungsleitlinien angekündigt hat. Diese sollten noch vor Inkrafttreten der Durchführungsverordnung, also noch vor dem 31.3.2020, vorliegen.
Außerdem muss bedacht werden, dass die Durchführungsverordnung 775/2018 ausschließlich Einzelheiten zur Anwendung von Art. 26, Absatz 3 der Verordnung 1169/2011 festlegt, welcher folgendes besagt:
„Ist das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels angegeben und dieses/dieser nicht mit dem Ursprungsland oder dem Herkunftsort seiner primären Zutat identisch, so
a) ist auch das Ursprungsland oder der Herkunftsort der primären Zutat anzugeben; oder
b) ist anzugeben, dass die primäre Zutat aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort kommt als das Lebensmittel.“
Ebenso wichtig bei der Beurteilung ob das Ursprungsland oder der Herkunftsort eines Lebensmittels angegeben werden muss, ist aber auch Absatz 2, Buchstabe a des Art. 26 der Verordnung 1169/2011, der auch jene Produkte betrifft auf welchen keine Angaben zu Ursprungsland oder Herkunftsort gemacht werden:
„Die Angabe des Ursprungslands oder des Herkunftsorts ist in folgenden Fällen verpflichtend:
a) falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher über das tatsächliche Ursprungsland oder den tatsächlichen Herkunftsort des Lebensmittels möglich wäre, insbesondere wenn die dem Lebensmittel beigefügten Informationen oder das Etikett insgesamt sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort.
Was kann zurzeit aber hinsichtlich der Anwendung der Durchführungsverordnung 775/2018 gesagt werden?
Die Verordnung gilt:
• für alle vorverpackten Lebensmittel, falls ohne diese Angabe eine Irreführung der Verbraucher über das tatsächliche Ursprungsland oder den tatsächlichen Herkunftsort des Enderzeugnisses möglich wäre, insbesondere wenn die dem Lebensmittel beigefügten Informationen oder das Etikett insgesamt sonst den Eindruck erwecken würden, das Lebensmittel komme aus einem anderen Ursprungsland oder Herkunftsort. Diese Angaben können auch Erklärungen, Piktogramme, Symbole oder Begriffe sein, die sich auf Orte oder geografische Gebiete beziehen.
Die Verordnung gilt nicht:
• für geschützte geographische Angaben (DOP, IGP);
• eingetragene Marken die eine Ursprungsangabe darstellen;
• Verkehrsübliche Bezeichnungen und Gattungsbezeichnungen, einschließlich geografischer Begriffe, die den Ursprung wortwörtlich angeben, sie jedoch allgemein nicht als Angabe des Ursprungslands oder Herkunftsorts des Lebensmittels verstanden werden.;
Ist eine Irreführung des Kunden hinsichtlich des Ursprungs oder der Herkunft des Produktes möglich, muss nun, laut Durchführungsverordnung 775/2018, die Angabe des Ursprungslandes oder Herkunftsortes der primären Zutat des Produktes angegeben werden.
Bei der Frage ob ein Lebensmittel gemäß 775/2018 gekennzeichnet werden muss ist deshalb die Gesamtaufmachung, die Zusammensetzung des Lebensmittels und der Eindruck, der beim Verbraucher erweckt wird zu berücksichtigen.
Scheint zum Beispiel auf dem Etikett die Nationalflagge des Landes, ein wichtiges Denkmal (z.B. Kolosseum oder der schiefe Turm von Pisa), die Dolomiten, die Bezeichnung „made in“ oder „100% Italiano“ auf, muss die Herkunft der primären Zutat des Produktes nur dann angegeben werden angegeben werden:
• falls der Ursprung der primären Zutat nicht dem Herstellungsland entspricht (z.B. falls suggeriert wird, dass das Produkt in einem Land hergestellt wird, dies aber nicht der Wahrheit entspricht);
• falls der Ursprung des Produktes angegeben wird (z.B. italienische Salami), dieser aber nicht mit jenem der primären Zutat übereinstimmt (z.B. deutsches Schweinefleisch).
Zur Angabe des Ursprungslandes oder des Herkunftsortes der primären Zutat kann der Lebensmittelunternehmer frei unter den in Art. 2, Buchstabe a) der Durchführungsverordnung angeführten geographischen Angaben oder der in Buchstabe b) desselben Artikels angeführten Erklärung wählen:
• „EU“, „Nicht-EU“ oder „EU und nicht-EU“; oder
• eine Region oder ein anderes geografisches Gebiet, die/das entweder in mehreren Mitgliedstaaten oder in Drittländern liegt, sofern sie/es völkerrechtlich als solche/s definiert ist oder für einen normal informierten Durchschnittsverbraucher verständlich ist; oder
• ein FAO-Fischereigebiet oder ein Meeres- oder Süßwassergebiet, sofern es völkerrechtlich als solches definiert ist oder für einen normal informierten Durchschnittsverbraucher verständlich ist; oder
• ein Mitgliedstaat (Mitgliedstaaten) oder Drittland (Drittländer); oder • eine Region oder ein anderes geografisches Gebiet in einem Mitgliedstaat oder Drittland, sofern sie/es für einen normal informierten Durchschnittsverbraucher verständlich ist; oder
• das Ursprungsland oder der Herkunftsort im Einklang mit besonderen Unionsvorschriften, die für die primäre(n) Zutat(en) als solche gelten;
oder mit folgender Erklärung:
„(Bezeichnung der primären Zutat) stammt/stammen nicht aus (Ursprungsland oder Herkunftsort des Lebensmittels)“ oder einem ähnlichen Wortlaut, der für den Verbraucher dieselbe Bedeutung haben sollte.
Die Darstellungsform der Angabe wird im Art. 3 definiert:
• Die Herkunftsangabe muss im selben Sichtfeld aufscheinen wie die Angabe des Ursprungslandes oder des Herkunftsortes;
• Mindestschriftgröße x-Höhe von mindestens 1,2 mm,
• Wird die Herkunft des Produktes in Buchstaben angegeben muss die Angabe zur Herkunft des Primärproduktes in einer Schriftgröße von mindestens 75% erfolgen.